Haushaltsrede 2014

Veröffentlicht am 04.03.2014 in Kommunalpolitik

Haushaltsrede 2014
(Heinz Bleibel; SPD-Fraktion)

Auf Grund der guten wirtschaftlichen Situation und durch die erhöhten Zu-schüsse vornehmlich durch das Land können die meisten Gemeinden gegen-wärtig ein Plus im Haushalt erwirtschaften. Gundelsheim gehört leider nicht dazu – im Gegenteil: Wir müssen für über 1 Million € Kredite aufnehmen und die Verpflichtungsermächtigungen liegen bei fast dreieinhalb Millionen.
Die Schuldenaufnahme ist aber unvermeidlich bei den Großprojekten, die die Stadt Gundelsheim stemmen muss.
Einige Aufgaben möchte ich hier besonders hervorheben, die für mindestens zwei Generationen Bestand haben müssen:

 Zum einen ist dies die Stadtbahn Nord, die uns in der Vergangenheit immer wieder beschäftigt hat und die bis heute für negative Schlagzeilen sorgt.
Immerhin zahlen wir als Gemeinde nach Aufforderung des Landkreises seit geraumer Zeit Bereitstellungszinsen, bzw. Zinsen für den Kredit für eine Stadtbahn, die bis zum heutigen Zeitpunkt nicht fährt. Vor 14 Tagen noch hätte ich meine Skepsis zum Ausdruck gebracht, ob die Stadtbahn wirklich im Juli 2014 Gundelsheim erreicht. Und nun ist meine dann geäußerte Prognose vom Dezember traurige Realität. Hoffentlich kann dieser Termin wenigstens eingehalten werden – aber mir fehlt inzwischen den Glaube.
Was wir inzwischen sehen, ist der deutlich schlechtere Zugang zum Gleis 2, besonders für Gehbehinderte und Menschen mit Kinderwagen oder Fahrrad.
Was wenigstens als Notbehelf unverzüglich gemacht werden sollte, ist das Anbringen von „Fahrspuren“ aus Metall an den Treppen. Dass diese zu steil seien, mag sein; aber diese Tatsache darf nicht als Ausrede gelten für Nichtstun.
Der versprochene Zugang über den vorgezogenen Radwegbau entlang von Gleis 2 entspannt die Situation etwas. Doch der Umweg von annährend einem halben Kilometer ist auf Dauer den Betroffenen nicht zu zumuten. Hoffentlich lässt der vorgesehene zweite Zugang, der dann barrierefrei ist, nicht jahrelang auf sich warten.

 Eine noch höhere Verschuldung verursacht das mit dem Anschluss von Bachenau an Gundelsheim begonnene Abwasserbeseitigungskonzept.
Aber diese Maßnahme muss unbedingt weiter geführt werden, solange es noch so hohe Zuschüsse vom Land dafür gibt. Wozu Zuwarten führen kann, müssen wir z. Z. ja bei dem Projekt Anschluss an die B 27 erleben. Die einmal in Aussicht gestellten Zuschüsse sind ja für den Kreis mit einem dicken Frage-zeichen zu versehen.
Doch zurück zur Umstrukturierung der Abwasserbeseitigung im gesamten Gemeindegebiet. Hier haben wir Entscheidungen getroffen bzw. müssen sie noch treffen, die für Jahrzehnte Auswirkungen haben werden.
Wir als SPD-Fraktion denken dabei besonders an die Trassenführung von Tiefenbach durch das Tiefenbachtal ins Jagsttal. Hier müssen wir als Gemeinde beim Landratsamt Heilbronn wirklich „das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen“. Mir scheint für diesen Sachverhalt wirklich das von Ihnen, Frau Schokatz, aufgenommene Hesse-Zitat zuzutreffen.
Es kann nicht sein, dass sich ein Sachbearbeiter auf den Landschaftsschutz beruft und bei seiner Ablehnung dieser Trasse alle anderen Umweltschutz-aspekte außer Acht lässt.
Beispielsweise den jahrzehntelangen Energieverbrauch (und somit auch eine Umweltbelastung) beim Hochpumpen des Abwassers von Tiefenbach nach Höchstberg. Nur damit es anschließend im Freispiegel ins Schefflenztal fließt und dann im Jagsttal an der Tiefenbachmündung vorbei in die vorhandene bzw. zu erneuernde Leitung nach Obergriesheim und Gundelsheim kommt. Mit einem einmaligen Eingriff in die Landschaft könnte auf Jahrzehnte kostbare Energie nachhaltig eingespart werden.
Ich denke, bei einer Ablehnung der „Tiefenbach-Leitung“ sollten wir uns als Gemeinderat nicht damit abspeisen lassen, sondern unseren Widerspruch an höherer Stelle geltend machen. Dass dies Wirkung haben kann, hat sich ja gezeigt, als ich im Vorjahr den Ministerstellvertreter des Landesumwelt-ministeriums, Herr Ministerialdirektor Helmfried Meinel, bei seinem Besuch in Gundelsheim auf die ablehnende Haltung des Landratsamtes HN angesprochen habe.

 Am 14. Februar war Finanzstaatssekretär Ingo Rust in Gundelsheim wegen der Aufstockung der Geldmittel für die Altstadtsanierung. In diesem Zusammen-hang ist nach unserer Meinung auch das Projekt „Karree Tiefenbacher Straße“ von enormer Bedeutung, auch wenn es offensichtlich im laufenden Jahr nicht unbedingt auf der Agenda steht. Dieses Projekt wird ebenfalls für Jahrzehnte das Erscheinungsbild unserer Stadtmitte prägen.
Unser Vorschlag für einen Ideenwettbewerb (oder wie man dies auch bezeich-nen mag) für die Überplanung vom Kreisel bei der Volksbank bis zur Freibad-mauer steht immer noch im Raum. Als wir diese Idee im Mai 2012 zur Sprache brachten, waren ja Experten wie Dr. Acocella der Meinung, so ein Wettbewerb bringe eine zeitliche Verzögerung mit sich. Dieser Einwand kann in der Zwischenzeit nicht mehr gelten. Hätte die Verwaltung und die Mehrheit des Gemeinderats unseren Vorschlag damals aufgegriffen, könnten wir heute sicherlich schon über Ergebnisse mit der gesamten Bürgerschaft diskutieren, wenn Bürgerbeteiligung nicht nur eine Worthülse sein soll. Man hätte eventuell auf die zwischenzeitlich veränderte Situation zwischen der Bad- und Hirten-gasse eingehen können. In diesem Bereich hätte man wirklich unmittelbar an die Altstadt heranrücken können. Eine tatsächliche Belebung der Altstadt wäre hier möglich gewesen. Eine weitsichtige, vorausschauende Planung ist nötig.
Mit diesem „Filetstück“ zwischen Altstadt und Rathaus sollten wir mit Bedacht umgehen. Was hier einmal realisiert wird, bestimmt für lange Zeit das Erscheinungsbild unserer Stadtmitte. Wir als Kommune sollten uns nicht in die Abhängigkeit eines einzelnen Investors begeben, sondern mit allen Interessier-ten darüber beraten und diskutieren, was hier entstehen soll. Zumal im Gemeinderat überhaupt noch nicht darüber gesprochen wurde, wie das Ganze bei der gegenwärtigen Kassenlage der Stadt finanziell zu bewältigen ist.

 Bei der schon lange vorgesehenen neuen Anbindung an die Bundesstraße 27 haben wir als Kommune jetzt endgültig unsere Vorleistungen erbracht, indem wir als Stadt entgegen der ursprünglichen Absicht einen Teil des Areals der ehemaligen Schwäbischen Conservenfabrik Gundelsheim erworben haben. Das übrigens nur, damit endlich Bewegung in dieses Vorhaben kommt. Nach dem nötigen Grunderwerb haben wir als Stadt jetzt keinen Einfluss auf das zeitliche Vorgehen der Bauträger. Jetzt erst kann der Kreis Forderungen nach einem raschen Baubeginn an das Land stellen. Vor über fünf Jahren waren die Rahmenbedingungen in finanzieller Hinsicht sicherlich besser als zum gegenwärtigen Zeitpunkt.
Ich fühle mich in diesem Zusammenhang ein bisschen an Gorbatschows Worte „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ erinnert.
Was mit dem nun in städtischem Besitz befindlichen roten Bachsteingebäude der ehemaligen Konservenfabrik geschehen soll, muss der neu gewählte Gemeinderat nach sorgfältiger Prüfung entscheiden.

 Als Gebäudeeigentümer sollte die Gemeinde unbedingt darauf achten, dass wir nicht ungewollt durch die Zeit bestraft werden. Bei vielen städtischen Gebäuden haben wir einen Sanierungsstau. In den vergangenen Jahren waren im Haushaltsplan immer Mittel für Erneuerungs- und Erhaltungsmaßnahmen vorgesehen. Aus welchen Gründen auch immer wurden sie oft nicht durchgeführt, sondern das geplante Geld war so etwas wie das Zahlungsmittel, um nicht vorauszusehende Ausgaben zu bestreiten. Auch hier gilt: Was zu lange geschoben und nicht erledigt wird, wird auf keinen Fall billiger. Jeder schwäbische Hausbesitzer achtet darauf, dass sein Häusle „in Schuss“ ist, dann ist auf die Dauer die finanzielle Belastung zu ertragen. Beispielhaft sei dies dargestellt: Wenn wir jedes Jahr auch nur ein Prozent unserer Wasserleitungen und Abwasserkanäle sanieren, so dauert die Erneuerung 100 Jahre!

 Abschließend möchte ich noch kurz den Bereich der Kinderbetreuung und der Schule erwähnen: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir sicherlich unsere Hausaufgaben gemacht, beziehungsweise sind bei deren Erledigung.
Doch durch den demographischen Wandel bedingt müssen wir aufmerksam erfolgen, wie sich die Situation entwickelt und wie wir als Schulträger darauf reagieren.
Um langfristig eine Sekundarstufe eins in Gundelsheim zu haben, sind wir auf Schülerinnen und Schüler aus den Nachbargemeinden angewiesen. Deshalb ist es für unsere Schule eminent wichtig, dass die Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Stadtbahn „schülerfreundlich“ sind oder die Schule stundenplanmäßig gleich darauf reagieren kann. In diesem Zusammenhang muss dann auch entschieden werden, wie man die Ganztagsbetreuung gestaltet und das Thema „Schüler-mensa“ in Angriff genommen wird.
z. Z. ist die Schülermensa im evangelischen Gemeindehaus zweimal in der Woche. Über den aktuellen Stand (Teilnehmer, Kosten für die Stadt usw.) hat der Gemeinderat keine Kenntnis. Hier wäre es für uns als Gemeinderäte äußerst hilfreich, wenn die Verwaltung den Gemeinderat über die Absichten der Kirche und die in diesem Zusammenhang vorgesehenen Maßnahmen der Stadtver-waltung informiert. Wahrscheinlich werden wir uns schon recht bald Gedanken machen und Entscheidungen treffen müssen über die weitere Gestaltung einer Schülermensa und deren finanziellen Folgen für den städtischen Haushalt. Wir wollen für eine absehbare Zeit eine kostgünstige, aber keine billige Lösung.
Das alles muss wohl überlegt werden. Kurzfristige Ad-hoc-Entscheidungen mit lange nachwirkenden Folgen sollten vermieden werden.

 Auf die Alltagsaufgaben, die sich aus dem Haushaltsplan ergeben, möchte ich nicht eingehen. Sondern ich wollte mit meiner Rede aufzeigen, womit sich auch der neu zu wählende Gemeinderat zu beschäftigen hat. Ihm werde ich nach 30 Jahren nicht mehr angehören. Aber für alle dann Gewählten gilt weiterhin: „Wir haben noch viel zu tun – packen wir’s an!“

 

Josip Juratovic MdB

Reinhold Gall MDL

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