Haushaltsrede

Veröffentlicht am 05.02.2015 in Kommunalpolitik

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Schokatz,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,

wir stehen auch im Jahr 2015 wieder vor großen Herausforderungen, die sich in unserem Haushalt widerspiegeln. Ich möchte in meiner Haushaltsrede einige Punkte beleuchten.

Stadtentwicklung

Im Bereich der Stadtentwicklung ist in unserer Stadt sehr viel Gutes zu beobachten. Die Altstadtsanierung greift und wird gut nachgefragt. Die im Haushalt bereitgestellten Fördermittel sind gut angelegtes Geld. Das Erscheinungsbild unserer Altstadt hat sich deutlich verbessert, die Leerstände wurden verringert. Eine Einkaufsmeile wird die Schlossstraße sicher nicht mehr werden, aber die Altstadt muss ein attraktives Wohnquartier bleiben. Die geplante Umgestaltung der Kaplaneigasse muss kostengünstig und mit geringem langfristigen Pflegeaufwand umgesetzt werden.

Für die Ortsteile stehen die Fortführung der ELR-Maßnahem weiter auf dem Programm und auch die Fortführung des Abwasserbeseitigungskonzeptes mit der Anbindung Obergriesheim und Höchstberg ist ein Mammutprojekt, zu dem wir voll und ganz stehen.

Viele Gundelsheimer fühlen sich dem Backsteingebäude der Konservenfabrik Gundelsheim emotional stark verbunden. Mit dem Grunderwerb für die Straßenbrücke gelangte dieses Gebäude mit dem darum liegenden Gelände in städtischen Besitz mit der Absicht, es wieder zu veräußern.  Nun haben einige Investoren ihr Interesse angemeldet. Wir sind zuversichtlich, dass sich eine zufriedenstellende Vermarktung des Geländes realisieren lässt.

Das Baugebiet Hoher Kirschbaum II wurde vom neuen Gemeinderat zur behutsamen Außenentwicklung angestoßen. Nach anfänglicher Dynamik ist hier etwas Ruhe eingekehrt. Trotz des Personalengpasses muss hier zügig weitergearbeitet werden, damit die aktuell historisch niedrigen Bauzinsen von den interessierten Baufamilien auch in Gundelsheim genutzt werden können.

Ein weiteres städtebauliches Großprojekt ist die Sanierung der Deutschmeisterhalle. Die Halle ist in die Jahre gekommen und bedarf einer grundlegenden Sanierung. Natürlich kommen bei einer großen Sanierung immer unvorhergesehene Schwierigkeiten hinzu, umso sorgfältiger müssen die planerischen Vorbereitungen durchgeführt werden. Die Erfahrungen mit den Baumaßnahmen in der näheren Vergangenheit haben gezeigt, dass der Technische Ausschuss hier auch in die Detailplanungen frühzeitig  eingebunden werden sollte. Die Alternative „Cateringküche“ oder „dauerhafter Restaurantbetrieb“ muss sorgfältig abgewogen werden. Hierfür brauchen wir möglichst genaue Zahlen und ein ausgefeiltes Nutzungskonzept. Es gibt gute Argumente für und gegen beide Lösungen, diese sollten transparent dargestellt werden, um eine verantwortungsvolle Entscheidung treffen zu können. 

Verkehrsentwicklung

In unser dicht besiedelten Region ist das Potential, dem motorisierten Individualverkehr mehr Raum durch neue Straßen zu geben, ausgeschöpft. Wer nicht möchte, dass Bürger im Stau stehen,  muss ihnen eine echte Alternative angebieten. 

Ein Beitrag, dieses Ziel zu erreichen, soll die Stadtbahn sein, die nun auch in Gundelsheim angekommen ist.

Für die Gundelsheimer Bürger bringt die Stadtbahn einige Vorteile mit sich. Wir haben  zusätzliche Verbindungen, vor allem in den Abendstunden erhalten. Außerdem fährt nun auch zusätzlich zur Stadtbahn  stündlich ein Zubringerbus zum Hauptbahnhof Bad Friedrichshall, was eine Taktverdichtung mit sich bringt. Die Anbindung der Ortsteile hat sich mit dem Fahrplanwechsel ebenso verbessert, am besten haben es die Böttinger erwischt, aber auch in die anderen Ortsteile fährt nun mindestens stündlich ein Bus. Viele schienenparallele Busverkehre sind weggefallen, was zu großem Unmut in anderen Gemeinden führt. Bei uns konnte der Schülerverkehr ans APG nach Neckarelz mit der Linie 604 dank frühzeitigem Widerstand gegen die Streichung abgewandt werden, dafür möchten wir uns bei Ihnen Frau Schokatz für die Unterstützung bedanken.

Es gibt derzeit aber noch einige Schwierigkeiten. Noch im August 2012 wurde in einer im Amtsblatt veröffentlichten Stellungnahme des Landratsamts davon gesprochen, dass die Stadtbahn für die Gundelsheimer Bürger einen barrierefreien Zugang brächte. Einen barrierefreien Zugang zu den Zügen hatten wir damals aber bereits, nun ist er im Zuge der Umbaumaßnahmen weggefallen und kommt auf absehbare Zeit anscheinend nicht wieder. Ebenso funktionieren die Fahrkartenautomaten und die Toiletten in den Stadtbahnwagen nicht.           

Das Landratsamt konnte sich in der Vergangenheit immer auf den Gemeinderat verlassen, wenn es um das Brückenbauwerk und um die Stadtbahn ging. Allerdings haben wir den Eindruck, der Landkreis lässt uns im Regen stehen. Die Landesregierung hat die finanziellen Mittel für den Bau der Straßenbrücke bereitgestellt, der Grunderwerb mit der Firma Kühne konnte zu einem Abschluss gebracht werden, aber warum können wir immer noch nicht bauen? Anscheinend hat der Landkreis die vielen Jahre der Planungsphase nicht genutzt, um alle offenen Fragen zur Unterzeichnung der Eisenbahnkreuzungsmaßnahmen mit den Projektbeteiligten zu klären. Auch der noch zu bauende barrierefreie Zugang könnte morgen nicht gebaut werde, da auch hierfür die Planungen noch nicht abgeschlossen sind. Zitat Thullner LRA HN „Bei der Fußgänger- und Radfahrerquerungsmöglichkeit Nähe Mühlstraße handelt es sich um eine Bahnüberführung. Dies hat die Konsequenz, dass hierfür die Bahn plant und laut Rückfrage defintiv ein Planfeststellungsverfahren durchführt. Nachdem bis jetzt noch kein Planfeststellungsbeschluß vorliegt, erscheint mir ein Baubeginn in 2015 unrealistisch“, obwohl für diese Maßnahme eine Finanzierungszusage der Landesregierung vorliegt.

Wir fordern, dass zumindest die Realisierung eines provisorischen barrierefreien Zugangs entlang der Gleise zum Bahnübergang mit Hochdruck angegangen wird.

Der ½ Stundentakt darf nicht nur in Sonntagsreden unser Ziel sein, sondern muss mit Nachdruck eingefordert werden. Hierzu fordern wir Sie auf, eine konkrete Kostenberechnung vorzulegen, wie der ½ Stundentakt realisiert werden könnte.

Wollen wir mehr Bürger zum Umstieg in den ÖPNV bewegen, müssen wir mehr Werbung dafür machen. Deshalb brauchen wir nach wie vor eine öffentliche Infoveranstaltung, bei der die Verbesserungen durch die Stadtbahn und den zusätzlichen Busverkehr dargelegt werden. Hier könnte auf Fragen der Pendler und Gelegenheitsstadtbahnnutzer  eingegangen werden.

Bildung und Betreuung

Eines unserer Herzensanliegen ist der Bereich Bildung und Betreuung. In den letzten Jahren ist der Bereich der Bildungs- und Betreuungseinrichtungen grundlegend umgestaltet und weiterentwickelt worden. Die Sanierung der Einrichtungen in Böttingen und Höchstberg konnten abgeschlossen werden, auch der  Außenbereich der KiTa Kinderbunt konnte mit der Unterstützung vieler engagierter Eltern und weiterern Bürgern und Handwerkern umgestaltet werden. Die Leiterinnen der Einrichtungen konnten durch eine Freistellung für Leitungsaufgaben um 50% bzw. 25% entlastet werden.

Die Situation der weiterführenden Schule ist nach wie vor als kritisch einzuschätzen. Die Entwicklung der Schülerzahlen ist weiterhin rückläufig. Mit 38 Schülern in der 5. Klasse bewegt sich die Horneckschule am unteren Limit der 2-Zügigkeit. Ohne Schüler von außerhalb, insbesondere aus Offenau, steht der Fortbestand unserer Schule auf der Kippe. Durch den Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung konnten auch Kinder mit Hauptschulempfehlung in die Realschule aufgenommen werden. In den Klassen 5-7 gibt es bereits keine Hauptschule mehr in Gundelsheim. Die Entwicklung der Schülerzahlen in der Realschule sind daher etwas irreführend, da dies seit 3 Jahren die Haupt- und Realschüler gemeinsam sind. Ermöglicht wurde dies durch die Bildungspolitik des Landes, die den Schulen vor Ort mehr Gestaltungsspielräume eröffnet hat, um auf die örtlichen Bedürfnisse angemessen eingehen zu können. Insbesondere indem sie den Realschulen ermöglicht, auch den Hauptschulabschluss anzubieten. Auf dem Türschild steht nach wie vor Realschule, auch wenn sie sich mit dem Niveau-Kursstufenmodell auf 2 Niveaustufen grundlegend verändert hat.

Handlungsbedarf sehen wir im Bereich Offene Jugendarbeit. Wir möchten anregen, dass die Kreisjugendpflege des Landkreises den GR in einer der nächsten Sitzungen über eine zeitgemäße Offene Jugendarbeit in einer Gemeinde unserer Größe informiert.

Bürgerbeteiligung

Eine der ersten Maßnahmen des neuen Gemeinderats war die Überarbeitung der Richtlinien für Veröffentlichungen in den Gundelsheimer Nachrichten. Die Parteien und Wählervereinigungen dürfen ihre Standpunkte zu kommunalpolitischen Themen nun auch veröffentlichen. Ebenso werden die Berichte aus dem GR ausführlicher, unter anderem werden die Fragen und Antworten aus der Bürgerfragestunde auch veröffentlicht.

Wir begrüßen daher, dass im Haushalt Mittel bereitgestellt werden, um ein Ratsinformationssystem einzuführen. Papierlose Sitzungen sparen eine Menge Ressourcen und ermöglichen den Bürgern, sich über das Internet umfassender zu informieren.  

Zu einer von der Bürgermeisterin propagierten nachhaltigen Bürgerkommune gehören vielfältige Möglichkeiten der Beteiligung der Bürgerschaft. Leider kommt dies in unserer Gemeinde nach wie vor zu kurz. In einer jährlichen Bürgerversammlung, wie sie auch von der Gemeindeordnung vorgesehen ist, hätten Bürger die Möglichkeit, sich zu aktuellen Themen zu äußern.

Das Freibad muss ab diesem Haushaltsjahr aus dem allgemeinen Haushalt bezuschusst werden. Wir haben in Gundelsheim glücklicherweise ein großes Potential an Bürgern, die sich für ihre Stadt einsetzen. Ein Bürgerworkshop könnte mit Sicherheit kostengünstig Ideen hervorbringen, wie Kosten eingespart und zusätzliche Einnahmen für das Freibad generiert werden können.

Allgemeines

Betrachtet man das Leid von Millionen Menschen in den Kriegsgebieten im Nahen Osten, so müssen wir hier alles in unserer Macht stehende tun, um wenigstens einer kleinen Zahl von Flüchtlingen ein menschenwürdiges Leben in Gundelsheim zu ermöglichen. Flucht ist ein unplanbarer Ausnahmezustand, da darf man als aufnehmende Gemeinde nicht immer Fragen, wer zuständig ist, sondern was notwendig ist. Hilfe muss aber auch koordiniert werden und Notwendiges von Übertriebenem abgegrenzt werden. Bei allem, was wir mitbekommen, findet dies in unserer Gemeinde überdurchschnittlich gut statt, dafür möchten wir uns bei den Hauptamtsleitern Herrn Haag und Herrn Vierling, aber auch bei den Kirchen und dem Türkische-Islamischen Kulturverein im AK “Herzlich Willkommen“  und allen engagierten Bürgern bedanken. 

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gäbe noch zahlreiche Punkte, auf die es lohnen würde einzugehen, aber ich möchte nun zum Ende meiner Ausführungen kommen.

Ich möchte mich im Namen der SPD-FRAKTION bei Frau Naber und Ihren Mitarbeiterinnen für die geleistete Arbeit bei der Erstellung des Haushaltes bedanken. Vielleicht schaffen wir es ja, durch die ein oder andere Minderausgabe im Haushaltsvollzug auf die Kreditaufnahme verzichten zu können.

Ebenso gilt unser Dank Frau Bürgermeisterin Schokatz, der gesamten Verwaltung und Euch, liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat, für konstruktive Zusammenarbeit und die geleistete Arbeit für unsere schöne Stadt Gundelsheim

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Armin Englert

SPD-Fraktionsvorsitzender

 

Josip Juratovic MdB

Reinhold Gall MDL

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